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Hallo Wiener!
Ich sende Ihnen hier ein Interview zur PCR, das wir mit Frau Dr. Puchhammer vom Virologischen Institut (Wien) durchgeführt haben.
Liebe Grüße!
Dr. Leo Lust
Hier das Interview:
Frage 1:
Was genau „mißt“ von ein PCR-Test in der HIV-Diagnostik – und wo liegt aktuell die untere Nachweisgrenze?
Die klassischen quantitativen HIV-PCR Tests messen die HIV-RNA Menge im Blut, der Test cut off liegt je nach Testsystem zwischen ca. 20 und 50 Kopien/ml.
Frage 2:
Gibt es heute, 2012, wirklich zwei – nämlich „qualitative“ und „quantitative“ – HIV-PCR-Nachweisverfahren? Wenn ja, worin liegt der Unterschied?
Es gibt qualitative und quantitative PCR Nachweismethoden. Bei den qualitativen Tests wird nur die Anwesenheit von Virusnukleinsäure in einer Probe untersucht. Bei den quantitativen Tests wird, zB mit real time PCR-Verfahren, die Menge von PCR Fragmenten gemessen, die im Testverlauf gebildet werden und dadurch ist ein Rückschluss auf die Ausgangsmenge möglich.
Frage 3:
Wie groß ist das diagnostische Fenster beim PCR-Verfahren anzusetzen, um ein möglichst zuverlässiges Ergebnis zu zeigen?
Wir empfehlen eine erste PCR Untersuchung 12-14 Tage nach dem Risikokontakt.
Frage 4:
Was bedeutet nach Einhaltung dieses Fensters ein PCR-Befund mit dem Vermerk „negativ“?
In diesem Fall würde ich bei einem vorhergegangenen Risiko zur Sicherheit auf jeden Fall weiter eine Antikörperdiagnostik empfehlen.
Frage 5:
Ist die Empfehlung zum Antikörper-Test nach einem negativen PCR-Befund aus Ihrer Sicht notwendig und sinnvoll?
Das ist bei entsprechendem Risiko auf jeden Fall sinnvoll, um eventuelle- sehr seltene – Versagen der PCR Diagnostik auch abzudecken
Frage 6:
Sind Ihnen bzw. dem virologischen Institut konkrete Fälle bekannt, in den nach einem negativen PCR-Befund (unter Einhaltung des diag. Fensters) ein späterer HIV-AK-Test positiv war?
Mir sind durchaus einzelne Fälle bekannt, wo bei eindeutiger HIV-Infektion und ohne antiretrovirale Vorbehandlung des Patienten/der Patientin die Routine PCR Untersuchung negativ war. Ursache dafür können sein: a) Einzelne (sehr wenige) Stämme werden mit einzelnen kommerziellen PCR-Tests nicht ausreichend erkannt und eine weitere Testung mit anderen PCR-Tests (andere Primer etc) ist notwendig um das Virus nachzuweisen. Das ist wie gesagt sehr selten, aber kommt vor. b) Es handelt sich um Elite Controlers, die in der Regel mit allen HIV-PCR Tests negativ oder nur sehr schwach positiv sind.
Frage 7:
Im Gesetz zur HIV-Testdiagnostik ist festgelegt, daß als Screening-Tests nur Antikörpertests zugelassen sind. Wenn ich „Screening“ als die Anwendung eines Suchverfahrens auf größere Personengruppen verstehe, ist ja der freiwillige Entschluß einer Einzelperson zum PCR-Test nicht von diesem Gesetz berührt.
Wie kommt es Ihrer Meinung nach trotzdem zu so vielen Unklarheiten und widersprüchlichen Informationen im Zusammenhang mit der Zu-ver-lässigkeit (absichtliche Schreibweise: Zuverlässig – zulässig) von PCR-Testverfahren auf HIV?
Beispiel: Lt. Telefonischer Auskunft des Labors im RKI Berlin (von heute) haben die dort tatsächlich „eine Handvoll“ (Zitat) Patienten, die OHNE HAART im PCR über einen längeren Zeitraum unter der Nachweisgrenze liegen, jedoch bestätigt HIV-AK-positiv sind („Elitecontroler“). Ich kann morgen erst die zuständige Ärztin erreichen, um nach der tatsächlichen Zahl zu fragen. Bin schon gespannt, was sie sagt….—persönliche Anmerkung: das wundert mich gar nicht. Gibt es in Ö auch. Siehe Österr. Kohortenstudie, Prof Zangerle. (bis zu ein Prozent der Kohorte).
Der freiwillige Entschluss zu einem HIV-PCR Test ist vom Gesetz in keiner Weise berührt, und ist absolut sinnvoll, wenn ein entsprechendes Risiko vorliegt und man das diagnostische Fenster abkürzen möchte. Aber aus oben genannten Gründen und Erfahrungen ist es klar, dass eine zusätzliche Antikörperdiagnostik bei entsprechendem Risiko wichtig ist.
Frage 8:
90 % aller HIV-Infektionen werden durch Viren der Gruppe M verursacht, die durch den PCR 1 erfaßbar sind. „Elitecontroler“ (siehe Beispiel oben) sind auch sehr selten. Was können wir Ihrer Empfehlung nach einem Ratsuchenden über die Zuverlässigkeit seines negativen PCR-Befundes sagen?
Unter Berücksichtigung des diagnostischen Fensters ist ein PCR-negatives Resultat sehr wahrscheinlich Hinweis darauf, dass keine HIV-Infektion vorliegt. Aber wie oben geschildert, ist es eben nicht zu 100% sicher.
Frage 9:
Last but not least noch eine Frage zu den Schnelltests (AK/antigen) von ALERE: Welche Aussagekraft haben diese Tests im Vergleich zu den derzeit z. B. von der AGES verwendeten klassischen Duo-Tests – selbstverständlich unter Einhaltung des gleichen diagnostischen Fensters?
Bei Kombinations -Schnelltests müsste die Antikörpernachweiskomponente generell ähnlich gut sein wie bei den klassischen ELISAs. Ich weiß aber nicht ob die Qualität der Antigennachweiskomponente mit der der klassischen 4. Generations ELISAs mithalten kann. Wir haben keine Erfahrung mit dem angesprochenen Test, aber die Erfahrungen, die wir diesbezüglich in unseren Analysen mit einem anderen Kombi-Schnelltest in der Vergangenheit gemacht haben, waren nicht gut.