Blutspenden: Neue Schritte Richtung Gleichstellung für schwule und bisexuelle Männer

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kündigt an, dass die Wartezeit für Männer, die Sex mit Männern haben beim Blutspenden von zwölf auf vier Monate verkürzt wird.  

Für schwule und bisexuelle Männer, Menschen mit häufigen Sexkontakten, Prostituierte und Transsexuelle mit „sexuellem Risikoverhalten“ galt bisher die Zwölfmonatsfrist, die sie bis zu einer möglichen Blutspende abwarten mussten. Somit waren bisher in Österreich sexuell aktive schwule und bisexuelle Männer vom Blutspenden ausgenommen, nämlich dann, wenn sie vor der Spende ehrlich angaben, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten Sex mit Männern hatten. Auch wenn die Sexualkontakte geschützt, also mit Kondom, stattfanden, wurden dann schwule und bisexuelle Männer nicht zur Spende zugelassen.

Rudolf Anschober (Grüne) hat nun drei Sofortmaßnahmen angekündigt:

  1. die sogenannte Rückstellfrist von zwölf Monaten werde unter wissenschaftlicher Begleitung auf ein Drittel, also vier Monate verkürzt,
  2.  es soll eine umfassende Gesundheitsfolgenabschätzung geben (hierbei soll das Einschätzen des Sexualrisikoverhaltens zeitgemäß und nichtdiskriminierend gestaltet werden),
  3. Es soll eine Studie zu sexuell übertragbaren Krankheiten geben.

In Zukunft soll beim Blutspenden die Diskriminierung von schwulen und bisexuellen Männern vermieden werden. Anschober betont, dass ab nun stärker auf das individuelle Risikoverhalten geachtet werden soll: „Deshalb zielen auch unsere Maßnahmen darauf ab, in Zukunft eine Risikoeinschätzung aufgrund von individuellem Verhalten zu treffen. Die Möglichkeiten, die uns zur Qualitätssicherung von Blutprodukten mittlerweile zur Verfügung stehen, sollen so genutzt werden, dass niemand mehr aufgrund von sexueller Identität oder Orientierung diskriminiert wird.“

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte 2015 die EU-Regelungen zum Blutspendeverbot für Homosexuelle, auf denen auch die deutschen Regelungen beruhen, präzisiert. Wenn der Gesundheitsschutz von Blutspendenempfängern durch neue Nachweistechniken zu HIV oder Befragungen der Spender gesichert werden könne, seien generelle Verbote unzulässig, urteilte der EuGH und verwies auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Verbot der Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung.
Der Deutschen Aidshilfe ging damals die Richtlinie nicht weit genug. „Eine HIV-Infektion kann man heute sechs Wochen nach dem letzten Risiko sicher ausschließen“, erklärte Vorstandsmitglied Björn Beck. Eine Frist von einem Jahr schließe hingegen die meisten schwulen und bisexuellen Männer weiterhin unnötig von der Blutspende aus.
Auch Axel Hochrein, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbands in Deutschland, kritisierte die Richtlinie als „wissenschaftlich nicht haltbar“. So werde nicht berücksichtigt, dass bei geschütztem Sex ein weitaus geringeres Übertragungsrisiko bestehe. Nicht zuletzt sei kaum davon auszugehen, „dass ein gesunder homosexueller Mann niemals ein Jahr lang zölibatär leben kann und wird, um dann endlich Blut spenden zu dürfen“.
Tatsächlich betonten die Experten in ihrer Stellungnahme, dass sexuell aktive Homosexuelle sowohl durch ein komplettes Verbot einer Blutspende als auch durch eine zeitlich befristete Rückstellung „faktisch von der Blutspende ausgeschlossen sind“.

In Österreich sind schwule und bisexuelle Männer erst seit 2019 zur Blutspende zugelassen, zuvor wurden sie rigoros ausgeschlossen.

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