ÖVP und FPÖ wollen externe Vereine aus dem Sexualkundeunterricht an Schulen verbannen und haben dafür einen Entschließungsantrag eingebracht.
Zum Hintergrund: Der Einsatz von externen Sexualkundevereinen wurde gerade erst von Ex-Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) neu geregelt. Der Auslöser war die Debatte um den christlichen Sexualkundeverein TeenSTAR. Dieser hatte in seinen Schulungsmaterialien u.a. Homosexualität als heilbares Identitätsproblem und Selbstbefriedigung als schädlich dargestellt. Außerdem wurde Enthaltsamkeit vor der Ehe und natürliche Empfängnisverhütung propagiert. Nach ausführlichen Diskussionen hat Faßmann den Schulen deshalb empfohlen, nicht mehr mit TeenSTAR zusammenzuarbeiten. Außerdem sollten sich generell sexualpädagogische Vereine ab 2020/21 für den Einsatz an Schulen akkreditieren müssen.
Eine professionelle Sexualpädagogik arbeitet wissenschaftlich fundiert und ist den aktuellsten Erkenntnissen der Psychologie, der Humanwissenschaften und Sozialwissenschaften verpflichtet. Die ExpertInnen haben einschlägige Fachausbildungen oder jahrelange Erfahrung und arbeiten sachlich, kritisch, divers und lebensweltorientiert. Diese Haltung setzt am Empfinden und Erleben der SchülerInnen an, an ihren Gefühlen, ihren Hoffnungen und Sorgen, am Leistungsstress, der in der pornografisierten Bilderwelt der neuen Medien nur allzu verbreitet ist und an ihrer Suche nach Orientierung und Identität. Diese Haltung ermutigt junge Menschen, ihre Sexualität selbstbestimmt, reflektiert und eigenverantwortlich zu leben und sich sowohl von einer rigiden Sexualmoral, die mit Straf- und Schuldängsten arbeitet, als auch vom weit verbreiteten sexualisierten Leistungsstress und den gewaltvollen, oft gefühllosen Bildern der Pornoindustrie zu emanzipieren. Sie wirkt zudem präventiv, wenn es um sexualisierte Gewalt geht und empowert Menschen, ihre eigenen Grenzen und die Grenzen der Mitmenschen wahrzunehmen. Sexualpädagogik weigert sich daher als Menschenrechtsprofession, die jungen Menschen zu indoktrinieren, zu manipulieren oder zu beeinflussen.
Sexualpädagogik funktioniert am Besten dann, wenn die Aufklärung durch externe ExpertInnen erfolgt. SchülerInnen sind dann viel unbefangener und trauen sich, Themen anzusprechen, die ihnen bei den eigenen LehrerInnen zu peinlich sind. Insofern ist der Entschließungsantrag von ÖVP und FPÖ kontraproduktiv. Vergessen wir nicht, dass Sexualaufklärung und Sexualpädagogik hart erkämpft werden mussten. Würde man externe sexualpädagogische Vereine nicht mehr an die Schulen lassen, wäre dies ein Rückschritt in die 1950er Jahre.
Aus diesem Grund ist unseres Erachtens eine Zertifizierung von sexualpädagogischen Vereinen unbedingt notwendig, damit sich die Causa TEENSTAR nicht mehr wiederholen kann. Das vom ehemalige Bildungsminister Dr. Heinz Faßmann geplante Akkreditierungsverfahren sollte dringend umgesetzt werden.