Vor ziemlich genau zehn Jahren veröffentlichte der Schweizer Infektiologe Pietro Vernazza, zusammen mit anderen HIV-Experten, das so genannte EKAF-Statement (Eidgenössische Kommision für AIDS Fragen) in der Schweizer Ärztezeitung und löste damit eine bis heute andauernde Kontroverse aus. Die Kernaussage des Statements lautet wie folgt:
„Eine HIV-infizierte Person ohne andere STD unter der antiretroviralen Therapie (ART) mit vollständig supprimierter Virämie (im Folgenden: ‚wirksame ART‘) ist sexuell nicht infektiös, d. h. sie gibt das HI-Virus über Sexualkontakte nicht weiter, solange folgende Bedingungen erfüllt sind:– die antiretrovirale Therapie (ART) wird durch den HIV-infizierten Menschen eingehalten und durch den behandelnden Arzt kontrolliert;
– die Viruslast (VL) liegt seit mindestens sechs Monaten unter der Nachweisgrenze (d. h. die Virämie ist supprimiert);
– es bestehen keine Infektionen mit anderen sexuell übertragbaren Erregern (STD).“
In den letzten Jahren wurden mehrere groß angelegte Studien durchgeführt (z. B. die HPTN052-Studie, die PARTNER-Studie), die allesamt das EKAF-Statement untermauerten und somit den Schutzeffekt einer funktionierenden Therapie eindeutig aufzeigen. Bei all diesen Studien ist es zu keiner HIV-Übertragung mit einer Viruslast unterhalb der Nachweisgrenze gekommen. Allerdings unterstreichen die Studienautoren stets, dass man, obwohl es zu keiner registrierten HIV-Übertragung kam, dennoch nicht von einem 100%-igen Schutz sprechen kann. Maßnahmen zum Eigenschutz vor HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten (z.B. das Kondom) sind also nach wie vor ganz essentiell.