Engpässe bei HIV-Medikamenten in der Ukraine

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In der Ukraine laufen nach Angaben einer Nichtregierungsorganisation (NGO) etwa 30.000 HIV-Infizierte Gefahr, nicht mehr behandelt zu werden. Wie das ukrainische Netzwerk für Menschen mit HIV/AIDS verlautbaren ließ, wird es in etwa drei Wochen für so viele Betroffene keine Medikamente mehr geben. Dagegen protestierten AktivistInnen der Organisation, indem sie vor dem Regierungsgebäude in Kiew einen symbolischen Friedhof errichteten.
Seit Beginn der HIV-Epidemie widmen sich ExpertInnen unermüdlich der Aufgabe, die antiretrovirale Therapie zu verbessern und neue Therapiemöglichkeiten für Menschen mit HIV/AIDS zu schaffen. Während am Anfang dieses medizinischen Fortschritts das reine Überleben der PatientInnen im Vordergrund stand, sind die Medikamente mittlerweile soweit optimiert, dass der Fokus seit einigen Jahren auch auf Punkten wie Kombinationstabletten oder Einnahmeschemata liegt. Klarerweise gilt: je einfacher und unkomplizierter Medikamente einzunehmen sind, desto leichter gestaltet sich der individuelle Umgang des Einzelnen mit seiner Therapie.Adhärenz
Ein Aspekt der HIV-Therapie, bei dem eben dieser individuelle Umgang an oberster Stelle steht, ist die sogenannte Adhärenz (aus dem Englischen „to adhere“ = festhalten, anhaften). Adhärenz beschreibt das Einhalten einer Therapie und damit auch das Erreichen von Therapiezielen, die gemeinsam von PatientInnen und BehandlerInnen verfolgt werden. Das Thema Adhärenz ist übrigens keine Eigenheit der HIV-Therapie, sondern für viele medikamentöse Behandlungen essentiell. Ein gut bekanntes Beispiel wäre die Einnahme von Antibiotika, bei der strikt eine bestimmte Menge Wirkstoff über einen festgesetzten Zeitraum eingenommen werden muss.
Bei der HIV-Therapie leistet die Adhärenz einen ganz wesentlichen Beitrag für den Therapieerfolg. Ist sie unzureichend, kann die Vermehrung der HI-Viren nicht optimal unterdrückt werden, da die Konzentrationen der Wirkstoffe im Blut schwanken. So können Viren entstehen, die gegen diese Substanzen resistent sind. Folglich ist ein Wechsel der Medikamente notwendig, wodurch sich langfristig die Therapieoptionen verringern.

Den Engpass verhindern
Der Leiter der NGO, Volodymyr Schowtjak, rief die Regierung auf, „eine Katastrophe zu verhindern“. Die Aktivisten führen den Engpass an Medikamenten auf ein 2014 verabschiedetes Gesetz zurück. Demnach können die Lieferanten das Geld für die Arzneimittel gegen Vorauszahlung kassieren, aber erst binnen sechs Monaten liefern. Mehrere Lieferfirmen strichen das Geld ein, händigten die Medikamente aber niemals aus. Der ukrainische Gesundheitsminister Alexander Kwitaschwili versicherte während einer Kabinettssitzung, er sei sich des Problems bewusst und arbeite mit internationalen Hilfsorganisationen zusammen, um eine umfassende Krise zu verhindern. Die Medikamentenvorräte reichten noch bis Ende Juni.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gab es in der Ukraine Anfang 2014 offiziell 234.000 HIV-Infizierte im Alter von mehr als 15 Jahren. Das sind etwa 0,8 Prozent der entsprechenden Bevölkerungsgruppe und damit der höchste Anteil in Europa.

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