Gründe für späte HIV-Diagnose

Photo: jg_79 / photocase.com

Im Kampf gegen das HI-Virus sind eine optimale medizinische Behandlung, die Verhinderung weiterer Übertragungen und die frühe Diagnose entscheidend. Mehr als die Hälfte der Betroffenen wird aber erst ein oder mehrere Jahre nach der Primärinfektion diagnostiziert, kritisierte Martin Hönigl von der Med-Uni Graz. An der University of California analysiert er Faktoren für eine bessere Früherkennung. Nur bei einem von fünf Betroffenen wird die Infektion innerhalb der ersten Monate diagnostiziert. Die Empfehlungen europäischer und US-amerikanischer HIV-Forscher gehen dahin, dass infizierte Erwachsene früher als bisher mit antiretroviralen Medikamenten behandelt werden sollten, also noch bevor das Immunsystem geschwächt ist.„In Österreich wie auch in anderen mitteleuropäischen Ländern werden viele Infektionen erst viel später als möglich und nötig festgestellt“, sagt Hönigl. So würden in Österreich nur 20 Prozent aller HIV-Infizierten innerhalb weniger Monate nach der Primärinfektion diagnostiziert, „60 Prozent erst ein oder mehrere Jahre nach der Infektion.“
Bei jedem fünften Infizierten erfolge die Diagnose sogar mehr als zehn Jahre nach der Ansteckung: Dann, wenn sich das HI-Virus im Körper der Betroffenen ungehindert ausgebreitet hat und lebensbedrohliche Erkrankungen aufgrund eines geschwächten Immunsystems auftreten. Jeder zweite Patient, mit der Tendenz steigend, ist inzwischen ein sogenannter ‚late presenter‘.
Eine frühe antiretrovirale Behandlung könne jedoch einen ungünstigen Verlauf der Infektion verhindern, weil eine bessere spezifische Immunantwort gegen HIV erhalten bleibe und die Konzentration der HI-Viren im Blutplasma vermindert werde. Damit können infizierte PatientInnen trotz Infektion langfristig beschwerdefrei bleiben und das Risiko der Weiterverbreitung des Erregers deutlich reduziert werden. Eine strukturierte Intensivierung der HIV-Testung von Risikogruppen könnte zu einer Verbesserung der derzeitigen Situation beitragen. Ein Programm mit dem Fokus auf wiederholte HIV Testungen, Serokonversion, primäre HIV Infektion sowie frühzeitige Anbindung an die medizinische Versorgung will Hönigl nach kalifornischem Vorbild auch in Graz etablieren.

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