Die Therapie wirkt, aber …

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Menschen mit HIV können heute aufgrund der antiretroviralen Therapie sehr alt werden. Das spiegelt sich auch in den Daten von zwei Kohortenstudien wider, die die Todesursachen von HIV-Infizierten vor und nach Beginn der HAART-Ära unter die Lupe nahmen. In den Studien dienten HIV-negative Personen aus demselben Milieu als Kontrollgruppe, es musste also nicht auf möglicherweise unpassende Daten aus der Allgemeinbevölkerung zurückgegriffen werden. An der einen Studie, der Multicenter AIDS Cohort Study (MACS), nahmen in drei Erhebungswellen von 1984 bis 2008 knapp 7.000 homosexuelle Männer teil, etwa die Hälfte war HIV-positiv. Die 3.800 Teilnehmerinnen der Women’s Interagency HIV Study (WHIS) wurden über HIV-Testzentren, Drogentherapieeinrichtungen oder Unterstützungs- und Gesundheitsprogramme gewonnen, mehr als drei Viertel waren HIV-positiv.

Die Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache: Von 1984-1995 waren 53 % der HIV-positiven Teilnehmer aus MACS gestorben, bei 94 % davon war HIV/AIDS die Todesursache. Von 1996-2008 starben nur noch 21 %, davon knapp die Hälfte (47 %) an HIV/AIDS. Von den HIV-positiven Frauen waren im HAART-Zeitalter von 1996-2008 insgesamt 31 % der Teilnehmerinnen gestorben, genau die Hälfte davon an HIV/AIDS. Als aidsbedingter Tod galt, wenn AIDS oder eine aidsbedingte Erkrankung als Todesursache vermerkt worden war. HIV-negative Männer starben im gesamten Zeitraum (1984-2008) im Median mit 73 Jahren, bezogen auf die HAART-Ära seit 1996 im Median mit knapp 75 Jahren.
Bei den HIV-positiven Männern lag das Todesalter bei aidsbedingten Sterbefällen vor HAART im Median bei knapp 43 Jahren, danach bei 48 Jahren.

Das Sterbealter von HIV-Positiven mit anderen Todesursachen als AIDS stieg von 49 Jahren vor 1996 auf 66 Jahre danach. Frauen, die an AIDS starben, taten dies in der HAART-Ära im Median mit 47 Jahren – also in einem ähnlichen Alter wie Männer mit AIDS als Todesursache.

 

HIV-positive Frauen ohne AIDS als Todesursache starben jedoch im Median mit 56 Jahren zehn Jahre früher als die Vergleichsgruppe der Männer, jedoch war das Todesalter der HIV-negativen Frauen mit 63,5 Jahren auch elf Jahre niedriger als das der HIV-negativen Männer in MACS. Die Studienautoren führen dies auf einen deutlich schlechteren sozioökonomischen Status von HIV-gefährdeten Frauen zurück. Auffallend ist auch der gravierende Unterschied von acht bis neun Jahren beim Todeszeitpunkt zwischen HIV-positiven Teilnehmern ohne AIDS als Todesursache und HIV-negativen Teilnehmern. Ein Grund dafür ist wohl die fast doppelt so hohe Rate an Hepatitis-Koinfektionen in den HIV-Gruppen. Eine konsequente Hepatitistherapie könnte die Mortalität in dieser Gruppe wahrscheinlich weiter senken, vermuten die Forscher. Möglicherweise trägt auch die erhöhte Depressionsrate bei HIV-Infizierten zu einem schnelleren Tod bei: Sie töten sich nicht nur häufiger selbst, sie suchen auch erst später Hilfe, vernachlässigen ihre Therapien oder flüchten in Alkohol- und Drogenkonsum, heißt es in einem Kommentar zu der Studie.

 

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