Photo: suze / photocase.de
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Bedeutete eine HIV-Diagnose bis Mitte der 1990er Jahre noch eine deutlich verkürzte Lebenserwartung, so können heute hochwirksame Medikamente die Vermehrung des Virus im Körper hemmen und den Ausbruch von AIDS verhindern. Dank der Therapie können Betroffene mittlerweile mit einer Lebenserwartung von 60, 70 Jahren rechnen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass HIV auf die leichte Schulter genommen werden darf, da die Nebenwirkungen der Hochaktiven Antiretroviralen Therapie (HAART) sehr heftig ausfallen und darüber hinaus gesundheitliche Schäden, die sich häufig erst mit zunehmendem Alter zeigen, verursachen können. Da diesbezüglich noch Langzeitstudien ausstehen, sehen sich persönlich Betroffene, Mediziner, Wissenschaftler und Pfleger mit vielen offenen Fragen konfrontiert, die am Mittwoch, dem 11. November, auf der 12. Europäischen AIDS-Konferenz in Köln, an welcher 4000 Experten teilnehmen, diskutiert werden.
Der Immunologe Prof. Georg Behrens von der Hochschule Hannover äußerte sich zur steigenden Lebenserwartung der mit HIV-Infizierten mit folgenden Worten: "Nach grober Schätzung sind derzeit ein Drittel aller HIV- Infizierten über 50 Jahre alt. Vor 15 Jahren wäre kaum jemand über 50 Jahre alt geworden, heute gibt es bei früher Diagnose und Behandlung seltener Todesfälle." Zudem werde sich die Altersstruktur der HIV-Infizierten rasch und drastisch verändern: "2005 waren 25 Prozent der HIV-Infizierten über 50 Jahre alt, 2015 werden es weit über 50 Prozent sein". Von großer Bedeutung ist auch der Start der Therapie, weil bei früher Einnahme der HAART mit einer höheren Lebenserwartung gerechnet werden kann. Allerdings gibt Behrens zu bedenken: "Wer um die 60 Jahre alt ist und das Virus seit 20 Jahren in sich trägt, lebt häufiger mit Komplikationen." Das Risiko, einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erleiden, steigt, und auch Fälle von Leber- oder Nierenschäden sowie Knochenschwund (Osteoporose) nehmen zu. Des Weiteren verlagert sich bei manchen Patienten das Fettgewebe und führt zu einer unschönen Figur. Die kognitiven Leistungen, die auch bei völlig gesunden Menschen im Alter nachlassen, nehmen bei HIV-Patienten überdurchschnittlich stark ab.
Das Thema HIV und Alter ist brisant und wird uns in Zukunft noch intensiver beschäftigen, da auch Betroffene in ihren letzten Lebensjahren unter gesellschaftlichen Diskriminierungen leiden, was sich z. B. darin äußert, dass HIV-positive Menschen von vielen Altersheimen abgelehnt werden. Zudem sind viele Pflege- und Altersheime auf die Bedürfnisse alter Menschen, die mit HIV infiziert sind, noch nicht gut vorbereitet.