Systematische Diskriminierung im großen Stil

Nach den Datenmissbrauchsaffären der Deutschen Bahn, Lidl und Tiger Lacke werden nun gegen die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) schwere Vorwürfe erhoben. Wie kürzlich publik geworden, soll der ÖBB-Konzern Gesundheitsdaten, ärztliche Befunde, körperliche Gebrechen und Verletzungen zur Bewertung von Mitarbeitern herangezogen haben. Unter anderem setzte ein Vorgesetzter einen seiner Untergebenen so lange unter Druck, bis dieser seine Aids-Erkrankung preisgab. Andere, die sich weigerten ihre ärztlichen Diagnosen offenzulegen, wurden mit Kündigung bedroht. Teilweise gingen die zweifelsohne ungesetzlichen Praktiken so weit, dass Regionalleiter dem vertraulichen Gespräch zwischen Arzt und Patient beiwohnten.
Dass nun die ÖBB eine rasche Prüfung und Aufklärung der Vorwürfe fordert ist löblich, weniger achtbar ist allerdings die Vorgangsweise, da bis dato immer nur die Rede von einer internen „lückenlosen Aufklärung“ war. Einerseits, so ließ die Öffentlichkeitsabteilung der ÖBB verlauten, werden arbeits- und datenschutzrechtliche Vorschriften rund um die Gesundheit genauestens eingehalten, andererseits gab die eingesetzte Untersuchungskommission bekannt, dass alle Formulare, die das Thema Diagnose betreffen, ab sofort gestrichen werden. Allein schon das lapidare Eingeständnis, dass es solche Formulare überhaupt gegeben hat, zeugt von der ungemeinen Kaltschnäuzigkeit, die die ÖBB gegenüber ihren Mitarbeitern, aber auch der Öffentlichkeit gegenüber an den Tag zu legen wagt.

Gerade HIV/AIDS Betroffene, die ohnehin mit Benachteiligungen und Ungerechtigkeiten im öffentlichen wie privaten Leben konfrontiert sind, trifft diese systematische Diskriminierung am Arbeitsplatz besonders hart. Obwohl eine HIV-Infektion kein Grund ist, eine Arbeit nicht ausüben zu dürfen (als Ausnahmen gilt verständlicherweise Prostitution), leben doch viele Betroffene mit der Angst, aufgrund ihres Krankheitszustandes ihren Job zu verlieren. Eine zusätzliche psychische Belastung durch die Übergehung der ärztlichen Schweigepflicht muss naturgemäß de lege unterbunden werden. Weitreichende Informationen zum Thema Diskriminierung bietet die plusminus Ausgabe 4/2008 im Anhang.
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