Abgeschoben und im Stich gelassen

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Als Harjeet von seinem Doktor erfuhr, dass etwas mit seinem Blut nicht stimme, begann für den indischen Gastarbeiter in Saudi Arabien eine unmenschliche Tortur. Zuerst bietet ihm der dubiose Arzt an, die ganze Sache zu verschleiern – für eine entsprechende Geldsumme versteht sich –, um ihn dann bei den Behörden auflaufen zu lassen. Harjeet war von einem Tag auf den anderen zu einem Menschen niedriger Klasse degradiert worden.
Nach einer medizinischen Untersuchung durch seinen Arbeitgeber in Saudi Arabien, die seine HIV-Infektion bestätigte, fand Harjeets Arbeitsleben ein schnelles Ende.
Er wurde ohne Rücksicht auf seine Krankheit abgeschoben. In seiner indischen Heimat verschwieg er seiner Familie die Erkrankung und stürzte bald in eine Depression, später in die Alkoholsucht. Schließlich erkrankte er an Tuberkulose, wodurch im Zuge der Behandlung im Krankenhaus auch seine HIV-Infektion offenkundig wurde. Einem glücklichen Zufall verdankt Harjeet es, dass er heute noch am Leben ist und sogar wieder die Kraft gefunden hat zu arbeiten.

Das ist nur eines von vielen Beispielen, die in dem am 24. September veröffentlichten Bericht „Erneut dem Risiko ausgesetzt: Abschiebung HIV-positiver Migranten“ (das englische Original steht im Anhang zum Download zur Verfügung) zu lesen sind. Der 27-seitige Bericht wurde von der Human Rights Watch, der Deutschen AIDS-Hilfe, der European AIDS Treatment Group und dem African HIV Policy Network erstellt und beschreibt Fälle aus Südkorea, Saudi Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Südafrika und den Vereinigten Staaten von Amerika, wo Migranten aufgrund ihrer HIV-Erkrankung abgeschoben wurden.
Peter Wiessner von der Deutschen AIDS-Hilfe bringt die Dramatik einer solchen Vorgangsweise auf den Punkt: „Anstatt HIV-positive Migranten vor der Rückkehr in die Länder zu schützen, in denen keine Behandlung verfügbar ist, schieben manche Länder Migranten gerade deshalb ab, weil sie HIV-infiziert sind. Migranten werden in Situationen zurückgebracht, in denen eine Behandlung und Unterstützung gänzlich unmöglich sind.“
Der Bericht kritisiert unter anderem auch die katastrophalen Haftbedingungen für Deportierte. Oftmals muss eine laufende antiretrovirale Therapie unterbrochen werden, da den inhaftierten Migranten der Zugang zu den Medikamenten verweigert wird. Die Autoren fordern mit diesem Bericht die Regierungen auf, sicherzustellen, dass Personen, die in Haft auf eine Ausweisung warten müssen, Zugang zu Behandlungen haben und die Praxis der Ausweisung HIV-positiver Menschen in Länder, in denen die medizinische Behandlung und die soziale Unterstützung nicht ausreichend sind, zu beenden.
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